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Maß passt immer: Maßkonfektion oder Maßanfertigung? Gibt es da etwa einen Unterschied?

Es hört sich zuerst nicht so an, aber bei genauerer Betrachtung ist ein Unterschied gut zu erkennen.

Wer in das Kleiderkontor kommt, möchte kein Kleidungsstück von der Stange erwerben, die Erwartungen sind deutlich andere. Im Laufe eines Kundengesprächs wird schnell der Punkt erreicht, an dem eine Erklärung zu obenstehender Frage notwendig wird. 

Für mich ist die Differenzierung zwischen Maßkonfektion und Maßanfertigung selbstverständlich. Meinen Kunden jedoch ist der Unterschied nicht so geläufig, das vergesse ich hin und wieder. 

Aus diesem Grund dieser Blogbeitrag!

Ein wiederkehrendes Szenario: Die nächste Hochzeit steht schon vor der Tür!

Vielen Kunden stehen schon im Vorfeld die Schweißperlen auf der Stirn. Denn das bedeutet oft loszulaufen, um in unzähligen Bekleidungsgeschäften schlechte Kompromisse einzugehen.

Frustriert im Laden oder nach Online-Käufen daheim, passiert es immer wieder, vor dem Spiegel zu stehen und festzustellen, dass Wunsch und Realität sich deutlich unterscheiden. 

Die Ärmel des Anzugs sind zu kurz oder zu lang. Die Farbe, die man sich vorstellt, gibt es diese Saison nicht oder ist gerade in der entsprechenden Größe nicht erhältlich.

Solltest Du dieses Problem kennen und gedanklich mit dem leidigen Thema „gutsitzende Bekleidung“ schon so gut wie abgeschlossen haben, dann zeige ich Dir mit diesem Blogbeitrag neue Lösungsmöglichkeiten auf.

Ein Kleidungsstück nach Maß – das Maß aller Dinge

Die Geschichte der Maßschneiderei beginnt im frühen Mittelalter, als man dazu überging, Kleidung nicht nur am Körper zu drapieren, sondern der Körperform richtig anzupassen. Damals wurde noch jeder Schritt in Eigen- und Handarbeit hergestellt. Aber leisten konnten sich in dieser Zeit diesen Luxus nur Könige und Fürsten.

Wer ein Kleidungsstück vom Schneider trug, war reich und zeigte das nach außen. Und auch heute verbindet man einen gewissen Luxus mit dem Schneiderhandwerk. 

Durch die hohe Technisierung in der Fertigung, die auch vor der Bekleidungsindustrie keinen Halt gemacht hat, entwickelte sich die Maßkonfektion. 

In der Tat ist eine Maßarbeit und auch eine Maßkonfektion teurer als Kleidung von der Stange, bietet aber auch Vorteile und schont langfristig gesehen die Nerven bei der Auswahl und das Portemonnaie.

Hinter dem Oberbegriff Maßbekleidung verbergen sich zwei Bedeutungen: die Maßanfertigung und Maßkonfektion.

Für beides gilt eine sorgfältige und individuelle Auswahl an Komponenten, die eines gewissen Zeitaufwands bedürfen, bis man das fertige Kleidungsstück in der gewünschten Qualität am Körper trägt. 

Aber nun zur Klärung der Begriffe:

Der Zeitaufwand für eine Maßarbeit lässt sich relativ einfach am Beispiel eines klassischen „kleinen Schwarzen“ für die Dame erklären:

Im Telefonat kläre ich bereits im Vorfeld, in welche Richtung die Wünsche gehen sollen. Ich bitte die Kundin zu einem ersten Termin, ihre konkreten Ideen mitzubringen. Das kann in Form von Bildern aus Modeheften oder Skizzen sein, aber man kann z.B. auch sehr gut mit einem Pinterest Board arbeiten. 

So habe ich nach dem Telefonat die Möglichkeit, mir im Vorfeld schon Gedanken zur Stoffauswahl zu machen. Bei dem ersten gemeinsamen Termin klären wir also die Wünsche, für welchen Anlass das Kleidungsstück sein soll, welche Materialien und Farben bevorzugt werden. Dazu spielen auch Körperproportionen und der derzeitig präferierte Stil eine sehr wichtige Rolle.

 

Körpermaße, das Maß aller Dinge

Die Körpermaße werden exakt aufgenommen, Stoffe und Zutaten ausgesucht und die Ausarbeitung von Details besprochen. 

Zur ersten Anprobe wird dann ein speziell angefertigter Papierschnitt in ein dreidimensionales Musterkleid – in der Regel aus Nesselstoff – gefertigt.

Hier kann auf Grund der Einfachheit des Stoffes auf Kundenwünsche und etwaige Maßkorrekturen im Schnitt eingegangen werden, ohne den eigentlichen und oft kostspieligen Stoff bereits zu verwenden.

Daneben können auch nötige Korrekturen auf den Papierschnitt übertragen werden. 

Bei einer zweiten Anprobe, wird nun das aus dem Originalstoff gefertigte Kleid anprobiert. Auch hier sind immer noch kleine Korrekturschritte möglich.

Je nach Aufwand des Kleidungsstückes müssen zwei bis drei weitere Anproben vereinbart werden, bis das Kleid bei der finalen „Übergabe“ seine Besitzerin wechseln kann. 

Die gesamte Herstellung nimmt manchmal zwei bis drei Monate in Anspruch, eine längere Zeit sollte also bei der Entscheidung für ein Maßbekleidungsstück unbedingt eingeplant werden. 

Ein klassisches Beispiel aus meinem Atelieralltag.

Eine Maßarbeit für einen Herren lässt sich egal ob Mantel, Weste, Sakko vom Ablauf her genauso übertragen.

Am Ende wirst Du ein einzigartiges Kleidungsstück in den Händen halten, welches exakt passt. 

Ganz nach der alten Weisheit: „Wenn jemand Deinen neuen Anzug lobt, hat Dein Schneider etwas falsch gemacht!“

Denn erst im zweiten Blick sollte man erkennen, dass es sich um ein einzigartiges Produkt mit hoher Qualität handelt. Maßbekleidung soll Deine Persönlichkeit unterstreichen. Dann haben sich der Zeit- und Geldaufwand, sowie die Geduld für dieses edle Kleidungsstück gelohnt.

Um ein Gespür für den Kostenrahmen zu bekommen: Ein Kleid in der Maßanfertigung liegt bei hochwertigen Stoffen und je nach Ausführung bei 800-1500€. Ein Anzug liegt je nach Stoffauswahl bei ca. 2500 bis 3500€.

Maßkonfektion – eine ernsthafte Alternative zur Maßanfertigung!

Möchtest Du Deinen Geldbeutel schonen und das Thema Geduld ist nicht Deine große Stärke, dann ist die Maßkonfektion die richtige Alternative.

Denn hier bist Du gut aufgehoben, wenn Du eine Passion für schöne, hochwertige und vor allem passende Kleidung mitbringst.

Die Maßkonfektion füllt die Lücke zwischen der Maßanfertigung und der Ware von der Stange.

Was die Maßkonfektion von der Maßanfertigung unterscheidet, ist das Vorgehen im Herstellungsprozess.

 

 

 

Schlupfgrößen lassen das Ergebnis erahnen

Hier wird der Schritt des Ausmessens, sowie der handwerklichen Anfertigung des Papierschnittes und der Anprobe des Nesselmodells übergangen. 

Ich arbeite mit sogenannten „Schlupfgrößen“. Das bedeutet im Herren- als auch im Damenbereich, dass bereits vorproduzierte Sakkos, Hosen, Westen, Blazer, Röcke und Damenhosen in unterschiedlichen Größen in meinen Atelierschränken zur Auswahl stehen. 

Das auf einer normalen Konfektionsgröße basierende Schlupfteil, ist entsprechend Deiner Körperhaltung und Deines Styling-Wunsches anpassbar. Falls es maßtechnische Herausforderungen mit Arm- und Beinlängen gibt, kann die Anforderung direkt an dieser Stelle berücksichtigt werden.

Produziert wird in einem Konfektionsbetrieb

Hinsichtlich der Stoff-, Futter und Zutatenauswahl steht die Maßkonfektion der Maßarbeit in fast nichts nach. Auch hier können Stoffhersteller aus Italien, Schottland oder auch England eingesetzt werden, die in der Maßanfertigung Standard sind. 

Die Auswahl ist riesig, aber keine Sorge, ich merke sehr schnell, wenn jemand überfordert ist und gebe selbstverständlich Hilfestellung, um zu einer sehr individuellen Auswahl zu gelangen.

Nach der Vermessung mit dem Schlupfteil und der Festlegung von Stoffen, Futter, Knöpfen und Details werden die Daten an die Produktionsstätte weitergeleitet. Hier wird über eine CAD-Anlage das individuelle Schnittbild gelegt und der gewünschte Oberstoff entsprechend zugeschnitten. Dann gelangen die Teile in die normale Produktion des Konfektionsbetriebes und durchlaufen den Fertigungsprozess eines Kleidungsstückes von der Stange.

Nach ca. vier Wochen ist der Anzug oder das, was Du in Auftrag gegeben hast, bei mir im Atelier abholbereit.

Gewöhnlich habe ich vorher so präzise gearbeitet, dass keine Änderungen mehr notwendig sind und Du das gute Stück direkt mitnehmen kannst. 

Kostenrahmen: Herren Anzug: ab ca. 950 €, eine Damenhose: ab 350€, immer abhängig von der Stoffauswahl und den Zusatzdetails.

Fazit:

 

Beide Möglichkeiten sind kostspieliger als ein Kauf von der Stange. 

Aber der Weg zum Maßschneider lohnt sich immer, wenn:

 

·      Mann/Frau auf Grund der Körperproportionen keine schlechten Kompromisse mehr machen möchte;

·      der eigene Stil nicht in der derzeitigen Mode zu finden ist; 

·      wenn der eigene Geschmack so individuell ist und man professionelle Unterstützung bei der Umsetzung braucht. 

 

An dieser Stelle sei auch zu erwähnen, dass das Internet viele Anreize hinsichtlich des Preises schafft. Es gibt Maßhemden für 39€, ganze Maßanzüge für 200€. Aber am Ende wird es keine Berührung mit einem Maßschneider geben, der sein Handwerk versteht.

Und auch mit Hilfe von Erklär-Videos – gerade im Maßhemdenbereich (die ich sogar manchmal nicht verstehe), lassen die Ergebnisse zu wünschen übrig. Und hier greift wieder der alte Spruch: „Wer billig kauft – kauft doppelt“.

 

Ein gutsitzendes Kleidungsstück kann Dir den Tag retten. Es wird jedoch keinen Geheimagenten oder eine Audrey Hepburn aus Dir machen, aber es kann Dir ein gutes Gefühl für den Tag geben. Und Dir bewusst machen, dass maßgeschneiderte Kleidung so kompromisslos und individuell wie Du sein kann.

 

Also stellt sich nur noch die Frage: Maßanfertigung oder Maßkonfektion? Die Entscheidung musst Du nun alleine treffen!

 

In diesem Sinne:  Maß passt immer!

 

Herzlichst Deine Nadja

Auf meinem YouTube Kanal findest Du auch weitere Informationen!